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Prüfungsanfechtung allgemein

Prüfungsanfechtung allgemein

Da die Prüfungsämter in nahezu allen Fachbereichen zunehmend schlecht und zum Teil unqualifiziert besetzt sind, während die Abschlussnoten stetig an Bedeutung gewinnen, wird vermehrt eine Prüfungsanfechtung in Erwägung gezogen. Das gilt für alle Bereiche wie zum Beispiel für notarielle Fachprüfungen, juristische Examina, Steuerberaterprüfungen und andere Bereiche.

I.

Grundlage der Prüfungsanfechtung

Die Prüfungsanfechtung ist in der Regel ein öffentlich-rechtliches Verfahren, für das möglichst ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht hinzugezogen werden sollte. Verfassungsrechtlich wird sie letztlich auf der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG, dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie auf effektiven Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG gestützt.

Bei Prüfungsanfechtungen Jura geht es regelmäßig darum, gegen Bescheide vorzugehen. Dabei ist zunächst zu klären, ob bereits eine Aufsichtsarbeit oder sonstige Einzelleistung als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, oder ob lediglich eine Schlussbescheidung angegriffen wird, bezüglich derer in auszuwählendem Umfang vorgegangen werden kann. Das hängt von der Art der streitgegenständlichen Prüfung ab. Unterschiedlich geregelt ist in den Bundesländern das Erfordernis eines Widerspruchsverfahrens. Im Prüfungsrecht ist im Regelfall zudem ein so genanntes Überdenkungsverfahren – in Bayern Nachprüfungsverfahren genannt – durchzuführen, weil Beurteilungsspielräume bzw. Bewertungsspielräume der Prüfer zu wahren sind.

Das jeweilige Verfahren kann auf Klausuren bzw. die mündliche Prüfung erstreckt werden. Bei Prüfungsanfechtungen sind im Wesentlichen zwei Fehlerquellen von Bedeutung – Verfahrensfehler und inhaltliche Fehler. Bezüglich der Verfahrensfehler bestehen zum Teil Rügeobliegenheiten.

II.

Fristen im Prüfungsrecht

Entscheidend ist, dass stets alle Fristen beachtet werden. Dabei gibt es in Einzelfällen Remonstrationsfristen, die in Spezialregelungen geregelt sind. Im Übrigen gibt es Widerspruchsfristen, Klagefristen und sonstige Rechtsmittelfristen. Die Widerspruchsfrist beträgt in der Regel einen Monat, es sei denn, es gibt keine oder eine fehlerhafte Belehrung. Gleiches gilt für die Klagefrist beim Verwaltungsgericht. In weiteren Instanzen gibt es sonstige Rechtsmittelfristen, die ein Rechtsanwalt zu beachten hat. Im Normalfall enthält Ihr Bescheid eine Belehrung mit der maßgeblichen Frist. Ein Monat ist dabei nicht mit vier Wochen gleichzusetzen. Auch Gerichtsbeschlüsse und Gerichtsurteile enthalten in der Regel Belehrungen mit Benennung der Frist. Es ist ratsam, sich nicht erst kurz vor Ablauf einer Frist Rechtsrat zu suchen, damit dem Rechtsanwalt genügend Zeit bleibt, mit Ihnen eine auf Sie zugeschnittene Strategie zu entwickeln.

III.

Verfahrensfehler und inhaltliche Fehler im Prüfungsrecht

Bei Prüfungsanfechtungen wird insbesondere zwischen formellen und inhaltlichen Fehlern unterschieden.

1.

Formelle Fehler Prüfungsrecht

Formelle Fehler sind regelmäßig verfahrensbezogen und möglichst frühzeitig zu rügen. Zwar kann die Rügepflicht in einigen Spezialfällen entfallen, jedoch werden derartige Konstellationen oft in einem Gerichtsverfahren enden.

a)

Verspätung bei der Prüfung

Falls Sie zum Beispiel morgens auf dem Weg zur Prüfung mit der Bahn liegenbleiben, sollten Sie schnell handeln und bei Bedarf mittels eines Rechtsanwalts unmittelbar für einen Einzelraum und eine Schreibzeitverlängerung nach dem Eintreffen vor Ort sorgen. Während Sie festsitzen, sollte bereits telefonisch gehandelt werden.

b)

Änderung der Prüfungsaufgabe in der Prüfung

Häufig wird die Prüfungsaufgabe während einer Klausur geändert. Dann ist grundsätzlich eine Schreibzeitverlängerung in angemessener Höhe zu gewähren. In Extremfällen können diverse Änderungen über eine längere Zeitspanne der Klausur dazu führen zur Nichtbewertbarkeit der Arbeit führen, so dass und dann unter Umständen der gesamte Durchgang neu geschrieben werden muss.

c)

Lärm während der Prüfung

Während einer Prüfung störender Lärm muss ebenfalls umgehend gerügt werden. Nur bei Offenkundigkeit des Lärms kann eine erste Rüge entbehrlich sein.

d)

Prüfungsunfähigkeit

Eine Prüfungsunfähigkeit ist grundsätzlich im Vorfeld der Prüfung geltend zu machen und sicherheitshalber amtsärztlich festzustellen. Ein Abwarten der Ergebnisse mit anschließender Geltendmachung der Prüfungsunfähigkeit ist regelmäßig nicht zulässig. Anderes gilt nur in den seltenen und schwer beweisbaren Fällen nachträglich unerkannter Prüfungsfähigkeit. Allerdings haben wir bereits mehrfach erfolgreich die Anerkennung einer nachträglich unerkannten Prüfungsunfähigkeit erreicht.

e)

Befangenheit im Prüfungsrecht

Eine Befangenheit ist möglichst umgehend zu rügen. Sollte die Befangenheit eines Prüfers bereits im Vorfeld bekannt sein, kann ein Prüfer im Vorfeld ausgeschlossen werden. Die Befangenheit kann allerdings auch erst während einer mündlichen Prüfung entstehen. Dann ist es für einen Kandidaten natürlich schwierig, in der Prüfung die Befangenheit zu rügen. Insoweit kann es nach der Rechtsprechung genügen, die Befangenheit im Anschluss an die Prüfung zu rügen. Das hängt aber vom Einzelfall ab. Je früher gerügt wird, desto besser ist dies.

2.

Prüfungsanfechtung: Materielle Fehler

Formelle Fehler sind regelmäßig verfahrensbezogen und möglichst frühzeitig zu rügen. Zwar kann die Rügepflicht in einigen Spezialfällen entfallen, jedoch werden derartige Konstellationen oft in einem Gerichtsverfahren enden.

a)

Gegenstand der Bewertung im Prüfungsrecht

Maßgeblich ist, welche Anmerkungen eines Prüfers Gegenstand der Bewertung sind. Ein „Haken“ bedeutet lediglich, dass eine Passage gelesen worden, nicht jedoch, dass sie als richtig befunden worden ist. Randbemerkungen sind nur Gegenstand einer Bewertung, wenn sie ausdrücklich in diese einbezogen werden.

b)

Bewertungsgrundlage und Erwartungshorizont bei Prüfungsanfechtungen

Damit der Prüfling seine Berufsfreiheit aus Art. 12 GG voll zur Geltung bringen kann, bedarf es eines klar offengelegten Erwartungs- und Bewertungshorizonts. Dazu sind die Leistungen des Prüflings in Relation zu stellen. Hypothetische Erwägungen der Prüfer sind unzulässig.

c)

Vertretbarkeitskontrolle

Vertretbare Lösungen dürfen nicht negativ bewertet werden. Das gilt vor allem, wenn die vertretbare Lösung mittels Rechtsprechung bzw. Literatur belegbar ist. Darüber hinaus finden wir häufig Widersprüche zwischen dem Ausgangsvotum und dem Überdenkungsvotum eines Prüfers.